Rundfunk contra Internet: Der Streit um wdr.org
 
 

 

 

Per "e.V." durchgesetzt:
Markenrecht geht vor Namensrecht - aus wdr.org wurde dl2mcd.de

Was soll der Quatsch eigentlich ?

Tja, das haben wir uns allerdings auch gefragt. Daß jemand, der eine Firma hat, damit ins Internet will und dann feststellt, daß genau sein Firmenname unter .de nicht mehr als Domain zu bekommen ist, verärgert ist und dann (ob nun zu Recht oder Unrecht) auf den Domainbesitzer losgeht, ist ja noch irgendwo verständlich. Aber hier hat der westdeutsche Rundfunk bereits seit Jahren wdr.de sowie hunderte von weiteren Domains wie wdrmaus.de oder wdr-orchester.de zur Verfügung. Doch plötzlich will er weltweit alles, wo diese drei Buchstaben drin vorkommen. Ob .com, ob .org, völlig egal - auch der Farmer in Arizona soll, wenn er in einer US-Suchmaschine nach 'wdr' sucht, viele viele Hinweise auf einen popligen Kölner Lokalsender bekommen. Und warum das? Nun, der westdeutsche Rundfunk will plötzlich seine Website zum Portal ausbauen. Ja genau, das ist der Fachbegriff für diese redaktionell betreuten Linklisten mit vielen blinkenden Werbebannern dazwischen, die eigentlich niemand so richtig braucht. Und "die Zuordnung dieses Portals wird durch Paralleldomains empfindlich gestört", so der Rundfunk.

Paralleldomains??? Ich habe höchstens einmal bei Star-Trek was von Paralleluniversen gehört. Und dann gibt es noch die Parallelschaltung in der Elektrotechnik. Nicht zu verwechseln mit der unrühmlichen Gleichschaltung - die hatte einst mal wirklich was mit Rundfunk und Presse zu tun. Und so etwas ist hier nun wieder geplant. Es mag ja sein, daß die "Kleingeister", die das Internet erfunden haben, extra deshalb soviele verschiedene Adreßmöglichkeiten vorgesehen haben, damit auch jeder seine Website haben kann, ohne mit anderen in Konflikt zu kommen. Doch nun wird das Netz kommerziell, und da haben die Kleinen nichts mehr verloren. Damit das erwähnte Portal auch noch in der hintersten Steppe gebührend wahrgenommen wird, sollen nun plötzlich alle Domains, die irgendwo die drei verbotenen Buchstaben enthalten, glei..., pardon, parallelgeschaltet werden.

Nach Domainrecht (siehe ICANN.org) geht dies nicht. Danach steht die Domain klar mir zu. Deshalb hat man gegen uns stattdessen das Markenrecht aufgefahren. Nur: was hat eine Domain mit einer Marke zu tun? Es ist eine Adresse! Ist es denn verboten, im Industriegebiet von Klein-Dimpfelhausen in der Benzstraße statt einer Mercedes- auch mal eine Porsche-Werkstatt aufzumachen? Natürlich nicht. Da würde doch auch niemand auf Markenrechtsverletzung klagen. Also wieso plötzlich bei Internetadressen?

Etwas anderes wäre es, wenn ich die Namensgleichheit irgendwie ausgenutzt oder die Besucher über meine Identität im Unklaren gelassen hätte. Doch außer als Domainbezeichnung sowie als Kürzel unter meinen Artikeln kamen die drei Buchstaben nirgendwo vor, und unter "Kontakte" standen immer unsere vollständigen Namen, bevor die einstweilige Verfügung aus Köln kam. Alles andere wäre sowieso unsinnig gewesen - es hätte mir wenig genützt, wenn meine Partner ihre Informationen statt zu mir plötzlich aus Versehen nach Köln geschickt hätten. War aber nie ein Problem. Der westdeutsche Rundfunk hat aus einer Maus einen Elefanten gemacht. Allerdings keinen so netten wie den aus der "Sendung mit der ....". So sagt man in Köln, der Rundfunk müsse sich wettbewerbsneutral verhalten und die Namensverwandschaft "könnte dazu führen, daß der fälschliche Eindruck entstünde, es bestünden wirtschaftliche Verflechtungen zwischen dem Rundfunk und Privatunternehmen". Weil man beim Nachschlagen meiner Registration im Internic auf einen Firmennamen stoßen könne. Also bitte! Wer bei Internic Domains nachschlagen kann, kennt auch den Unterschied zwischen .org und .de und weiß, daß das wohl kaum dasselbe Unternehmen ist.

Und schließlich spricht man mir die Berechtigung zum Führen einer .org-Domain ab. Diese ist für "non-profit organisations and individuals" bestimmt. Also für gemeinnützige Organisationen und natürliche (=nicht juristische) Personen. Die Personen müssen dabei keinesfalls non-profit sein. Geht irgendwie auch schlecht (Bettler??). Und die Domain war auf mich als Person registriert. Daß dabei noch ein Firmenname erscheint, liegt daran, daß Internic meiner Person ein Handle zuordnet, das ursprünglich auch den Firmeneintrag enthielt. Doch auch das war ein Personenunternehmen, kein Konzern. Und wenn ich auf meine Person eine .org-Domain anmelde, handelt es sich um ein 'individual'.

Wenn der westdeutsche Rundfunk dagegen gemeinnützig ist, wieso kann ich dann meine Rundfunkgebühren nicht von der Steuer absetzen? Abgesehen davon, daß er ja auch die .com von Warburg Dillon Read möchte und sich somit selbst bereits als kommerzielles Unternehmen eingestuft hat. Also was nun?

Das Ganze ist eigentlich ein völlig überflüssiger Riesen-Blödsinn. Leider aber ein recht teurer. Die e.V. hat mich 40.000,- Mark gekostet, eine Gerichtsverhandlung nur in erster Instanz würde weitere 68.000,- kosten. Der Grund: Der Rundfunk sieht durch meine Domain plötzlich seine Marke ausgehebelt und seinen Auftrag gefährdet, weshalb man einen Streitwert von einer halben Million angesetzt hat.

Das Urteil zur einstweiligen Verfügung. traf inzwischen übrigens endlich in München ein. Wie zu befürchten, negativ. Auch eine Reduzierung auf einen Streitwert, der bei mir nicht zum sofortigen Bankrott führt, wurde abgelehnt. Hier waren sich Rundfunk und Gerichzt einig: Gerade weil ich keine Firma, sondern eien Einzelperson bin, müsse besonders hart durchgegriffen werden. Geschrieben wurde es schon am 23. Mai, aber es brauchte auf dem Postwege bis zum 29. Juni von Köln nach München. Überflüssig zu erwähnen, daß der westdeutsche Rundfunk schneller informiert wurde. Auch wurde die Tatsache, daß ich ein Kapitel für ein (längst vergriffenes) Buch zur Telekommunikation (über Funktelefone) sowie ein Buch über Packet-Radio (Datenübertragung im Amateurfunk - Rundfunk ist im Amateurfunk übrigens gesetzlich streng verboten!!) geschrieben habe, als Beweis dafür herangezogen, daß ich doch im Radio- bzw. Rundfunkgeschäft sei. Herr, schmeiß Hirn....

Über den Fall wurde mittlerweile in Telepolis, der Hannoverschen Allgemeinen, der PC-ONLiNE, der WELT und der Internet World berichtet. Doch wer der Kollegen aus der schreibenden Zunft möchte, daß das Internet nicht völlig auseinander- bzw. den Rundfunk- und Fernsehleuten zum Opfer fällt, sollte auch in seinem Blatt über das Problem schreiben. Die Folgen sind erheblich, Reverse Domain Hijacking ist damit legal geworden!

Als erste Idee kann man über uns Bücher bei Amazon.de bestellen - es würde zwar wohl verdammt viele Bücher brauchen, um von 5% Provision einen Prozeß zu finanzieren, aber Lesen bildet ja bekanntlich - ganz im Gegensatz zum Fernsehen! - und damit ist es im doppelten Sinn für einen guten Zweck, ohne etwas zusätzlich zu kosten - nicht mal Porto...!

1&1 hat uns ebenfalls einen sehr reichhaltigen Shop gebaut. Dort gibt es unter anderem T-DSL, Handys, Internetzugang, ISDN-Anschlüsse, Consors-Online-Broking, Online-Shopsysteme, 0700er-Telefonnummern und natürlich die bekannt preisgünstigen und dennoch zuverlässigen Websites unter eigener Domain.
Um ehrlich zu sein: wegen letzterem haben wir den 1&1-Shop lange nicht beworben, denn wir wollen ja nicht noch mehr Leute ins Unglück stürzen. Auch wollen wir unserem eigenen Provider Speedlink eigentlich nicht das Wasser abgraben. Solange die Website aber wirklich rein privat ist - und schon ein Werbebanner der 1&1-Community macht sie leider bei manchen unserer Rechtsverdreher zu einer kommerziellen Website - besteht allerdings keine Gefahr. Gleiches gilt für eine Vanity-Rufnummer wie 0700-JOHNDOE. Wer bei der 0700-Rufnummer Probleme vermeiden will, kann außerdem auf das Buchstabenäquivalent verzichten und nur eine normale Telefonnummer angeben.

Die gesammelten Erfahrungen aus nun acht Jahren Jura-Terror - und da geht es dann nicht nur um mich - habe ich in dem Buch "Internet, Recht und Abzocke" zusammengefaßt, um anderen so einen Alptraum zu ersparen.

Warum der westdeutsche Rundfunk Warburg Dillon Read, mir und anderen den Krieg erklärt hat, wurde übrigens am selben Tag (29. Juni 2000) ruchbar: Der Intendant Fritz Pleitgen will das Internet offensiv erobern und "als drittes Standbein neben Radio und TV aufbauen". Da Rundfunk und Fernsehen nicht mehr so der Renner sind, ist es im öffentlichen Auftrage und mit GEZ-Geldern notwendig, nun neue Geschäftsfelder zu erschließen...weg mit der Interaktivität, her mit der Volksberieselung...mehr dazu unter dem Titel:

Die schwarze Glotze !

DL2MCD

 

 
 
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