Rundfunk contra Internet: Der Streit um wdr.org
 
 

 

 

Per "e.V." durchgesetzt:
Markenrecht geht vor Namensrecht - aus wdr.org wurde dl2mcd.de

Das Urteil

Was ich von dem Gerichtsurteil zu berichten wußte, hat mir so gut wie niemand geglaubt. Deswegen haben wir es nun gescannt - jeder kann es detailliert Seite für Seite hier nachlesen.

Natürlich muß man dazu sagen, daß die Richter der Kammer 33 sich den Blödsinn nicht selbst ausgedacht haben. Vielmehr hat Rechtsanwalt Philipp Krings das im Auftrag des westdeutschen Rundfunks so vorgegeben. Leider ist damit nun per Gesetz fixiert, daß Top Level Domains keinerlei Bedeutung mehr haben. Die Folgen kann man bei Heise online, bei der Schweizer Sonntagszeitung oder auch beim Österreichischen Rundfunk nachlesen. Daß die "offensive Eroberung des Internets" durch deutsche Anwälte nun im Ausland Erinnerungen an andere deutsch-offensive Eroberungen vor über 60 Jahren weckt, wird billigend in Kauf genommen. Ekelhaft.

Daß Top Level Domains gerade dazu gedacht waren, solche unnötigen Zusammenstöße zu vermeiden, hat die deutsche Rechtssprechung nun erfolgreich ausgehebelt. Ebenso unsinnig und völlig überflüssig ist die Auffassung, daß eine Domain gleichzeitig die Anmaßung eines Kennzeichens sei. Sie ist eine Adresse, nicht mehr und nicht weniger. Hätte ich "wdr.org" als Firmenname benutzt oder eingetragen, könnte ich die Aufregung ja noch verstehen. Doch das war bei dieser Domain nie der Fall. Der Hauptkritikpunkt - das "Willkommen bei..." wäre ebenso auszuräumen gewesen, wenn man das gewünscht hätte. Stattdessen sollte ich innerhalb weniger Tage meine E-Mails abgeben. 40.000,-, um das zu vermeiden, ist ein hoher Preis - die Schadensersatzforderungen meiner E-Mail-Partner, wenn ihre Post ohne Vorwarnung in Köln gelandet wären, wären aber sicher auch nicht besser gewesen.

Daß man aber nun auch noch sagt, daß Amateurfunk eine Konkurrenzsache zum Rundfunk sei (Seite 14), bzw. ich mit dem Verfassen (nicht Verlegen) eines Buches in Konkurrenz zu einem öffentlich-rechtlichen Sender stehe, ist schon ein dickes Ei. Damit ist nun auch das Hobby Amateurfunk glücklich kommerzialisiert - wahrscheinlich würde sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerne die paar Amateurfunkfrequenzen auch noch einverleiben, auch wenn die für kein einziges weiteres Programm ausreichen würden und der Normalverbraucher auch keine Empfänger für diese Frequenzen hat. Man will aber das generelle Funkmonopol zurück und dazu das Kommunikatiosmonopol. Und wohl sogar das zum Bücherschreiben. Muß ich zukünftig bei Herrn Pleitgen eine Schreiberlaubnis beantragen, wenn ich nochmal ein Buch verfassen will, sobald in denen das Wort "Funk" (auch Funktelefone und Handys wurden ja beanstandet) vorkommt? Darf mir in Zukunft noch wer schreiben (ob nun im Briefumschlag, als Fax oder als E-Mail), ohne daß da der westdeutsche Rundfunk oder andere Idioten dazwischen funken???

Angesichts der vielen Arbeit und des geringen Ertrags eines Buchs bin ich am Bücherschreiben gar nicht so interessiert, wie man das in Köln glaubt. Doch als nächstes wird man das wohl noch auch auf meine Zeitschriftenartikel ausweiten. Und da wird das Rundfunkmonopol zum Infomonopol. Es kann doch nicht angehen, daß eine Institution sämtliche möglichen Medien - Rundfunk, Fernsehen, Internet und Print - mit Beschlag belegt. Mein Verlag bekäme beispielsweise nie eine Rundfunklizenz. Entweder man redet hier von Wettbewerb - oder aber von ungleichen Voraussetzungen. Wieso ist es die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Senders, von GEZ-Gebühren Bücher zu finanzieren??? Wohlgemerkt, wir reden hier nicht von Programmheften!

Obwohl man mir inzwischen aus Köln bestätigt hat, daß ich als Unterschrift und Autorenkürzel durchaus weiter wdr/WDR benutzen darf - man wollte es sich wohl nicht mit dem Journalistenverband verderben - unterschreibe ich E-Mails zukünftig nicht mehr so. Es wäre mir mittlerweile zuwider, wenn mich jemand auch nur versehentlich mit denen verwechselt, auch wenn derjenige dazu schon ein rechter Trottel sein müßte. In meiner Zeitschrift bleibt es natürlich so, darauf besteht der Verlag - man kann sich ja auch nicht alles bieten lassen und wenn man sich darauf einließe, würden bald alle meine Kollegen wegen ihrer Kürzel verklagt.

Anmerkung: die immer wieder erwähnte Softwareentwicklung Roth gibt es schon seit längerer Zeit nicht mehr. Sie steckte lediglich im Internic-RIPE-Handle fest, ebenso wie eine alte Telefonnummer. Es gab auch nie eine Firma wdr.org. Ohne dem westdeutschen Rundfunk zu nahe treten zu wollen - aber das ist doch kein Name!!

Paradox übrigens: Westdeutscher Rundfunk und ARD mögen durchaus, wenn Journalisten mit voller Absicht unter falscher Flagge herumlaufen. Damit sie das tun können, gab es auf der ARD-Pressekonferenz auf der Funkausstellung 2001 das rechts fotografierte Devotionalenpaket: Notizblock, gekennzeichnet als "ARD-Geschäftsführung, Westdeutscher Rundfunk Köln", ARD-Euro-Rechner, ARD-Visitenkarten-Box, ARD-Kuli und vor allem eine silberne ARD-"1" zum Anstecken (das Teil in der Plastiktüte). Damit geht man in jeder Dorfdisco und auch unter den Kollegen einwandfrei als ARD-Mitarbeiter durch. Pervers, nicht?

Naja, den Euro-Rechner habe ich meinen Eltern geschenkt, vom Kuli ließ sich die "1" abkratzen. Der Rest kam in die Tonne, denn
a) würde man mich sicherlich wieder sofort verklagen, wenn ich das Zeug tatsächlich benutze und
b) bekäme ich dabei selbst das Kotzen!

 

Eine Pleite in 17 Seiten

Zum Verständnis sei nochmal extra angemerkt, daß all die vom Gegner angeführten Argumente irrelevant sind, da mir die Website damals schon ziemlich egal war, sie war veraltet, und ich kein Problem damit gehabt hätte, solch "störenden konkurrierenden Content" wie dieses Lob auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu entfernen. Dafür hätte es keine Gerichtsverhandlung benötigt, darum ging es überhaupt nicht!

Doch war all das nur Maskerade des Gegners, um den Prozeß zu gewinnen. Tatsächlich störte sich niemand an meinen Artikeln, man hat sie nicht mal gelesen - man wollte die Domain, und zwar sofort und auf der Stelle, noch bevor ich meine E-Mails abrufen und mein Geld (z.B. Amazon- und Ebay-Account mit Zugriff auf Kreditkarte) in Sicherheit bringen konnte.

Es wurde auch nach dem Urteil klar gesagt "Wenn Sie nur tun, was vom Gericht verlangt wurde [und uns nicht außerdem sofort Domain und E-Mails übergeben, Anm. W.D.Roth], werden wir Sie eben nochmal verklagen!"

Leider kauen juristische Fachleute wie Dr. Hoeren in seinem ansonsten durchaus empfehlenswerten Skript zum Internetrecht immer nur das Urteil wider, das jedoch nur auf einem extra "weichgekochten" Antrag des Gegners beruht, um den Prozeß zu gewinnen, und nicht dessen wirklichen Absichten entspricht. Leider hat man mir allerdings untersagt, die ursprüngliche Abmahnung mit dem Verlangen der Domainübergabe zu veröffentlichen. Ich bin allerdings bereit, diese Zweiflern zu zeigen.

 

Hier nun die einzelnen Seiten des Urteils:

Seite 1

Seite 2

Seite 3

Seite 4

Seite 5

Seite 6

Seite 7

Seite 8

Seite 9

Seite 10

Seite 11

Seite 12

Seite 13

Seite 14

Seite 15

Seite 16

Seite 17

 

Markenrechtlich bedenkliche Urlaubsgrüße

Da immer wieder in Zweifel gezogen wird, daß der Spitzname WDR und auch die Schreibweise W.D.Roth für mich auch privat in Gebrauch waren (beruflich war es nie in Frage gestellt), hier noch ein paar Urlaubspostkarten:

Postkarten 1

Postkarten 2

Postkarten 3

Postkarten 4

Postkarten 5

 

Völlig verarscht (pardon) kam ich mir dann aber vor, als der westdeutsche Rundfunk auch noch öffentlich verlautbaren ließ, daß ich auf meiner Webseite keinesfalls meine eigenen Werke präsentierte, sondern ein übler Trittbrettfahrer sei. Liebe öffentlich-rechtliche Rundfunk-Beamten, ich schreibe seit mittlerweile 25 Jahren technische Fachartikel und meine Familie führt den Namen Roth nachweislich seit dem Mittelalter (W.D.Roth beansprucht der westdeutsche Rundfunk ja ebenfalls für sich!). Wie man da so arrogant sein kann, zu behaupten, meine Berufslaufbahn sei nun ausgerechnet auf diesem Kürzel gebaut - also wirklich!

Tatsächlich ist es umgekehrt: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender haben sich bereits öfters bei mir bedient, sind also vielmehr selbst

Öffentlich-Rechtliche Trittbrettfahrer

 

... und wer uns unterstützen möchte, kann ab sofort über diesen Link Bücher bei Amazon.de bestellen - es würde zwar wohl verdammt viele Bücher brauchen, um von 5% Provision den Prozeß zu finanzieren, aber Lesen bildet ja bekanntlich - ganz im Gegensatz zum Fernsehen! - und damit ist es im doppelten Sinn für einen guten Zweck, ohne etwas zusätzlich zu kosten - nicht mal Porto...!

1&1 hat uns ebenfalls einen sehr reichhaltigen Shop gebaut. Dort gibt es unter anderem T-DSL, Handys, Internetzugang, ISDN-Anschlüsse, Consors-Online-Broking, Online-Shopsysteme, 0700er-Telefonnummern und natürlich die bekannt preisgünstigen und dennoch zuverlässigen Websites unter eigener Domain.
Um ehrlich zu sein: wegen letzterem haben wir den 1&1-Shop lange nicht beworben, denn wir wollen ja nicht noch mehr Leute ins Unglück stürzen. Auch wollen wir unserem eigenen Provider Speedlink eigentlich nicht das Wasser abgraben. Solange die Website aber wirklich rein privat ist - und schon ein Werbebanner der 1&1-Community macht sie leider bei manchen unserer Rechtsverdreher zu einer kommerziellen Website - besteht allerdings keine Gefahr. Gleiches gilt für eine Vanity-Rufnummer wie 0700-JOHNDOE. Wer bei der 0700-Rufnummer Probleme vermeiden will, kann außerdem auf das Buchstabenäquivalent verzichten und nur eine normale Telefonnummer angeben.

Die gesammelten Erfahrungen aus nun acht Jahren Jura-Terror - und da geht es dann nicht nur um mich - habe ich in dem Buch "Internet, Recht und Abzocke" zusammengefaßt, um anderen so einen Alptraum zu ersparen.

DL2MCD

 

 
 
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