Videogeräte verbinden - die Tücke liegt im Detail
Verbindung über Antennenleitung
Die Verbindung eines Fernsehers mit einem Videorekorder ist mit einem Scart-AV-Kabel
sehr einfach: ein Verbindungskabel, und fertig ist der AV-Anschluß
- kein Abstimmen, keine Kanaleinstellung!
Schwierig wird es dann, wenn weitere Geräte ins Haus kommen: ein
zweiter Videorekorder, ein Camcorder, Photo-CD, ein Pay-TV-Dekoder oder
ein Sat-Empfänger. Manche Geräte haben zwei Scart-Anschlüsse
oder zusätzliche frontseitige Cinch-Eingänge für Camcorder,
diese sind jedoch noch eher die Ausnahme. Die Folge: Meist wird nur ein
Gerät über Scart mit dem Fernseher verbunden, und der Rest lediglich
über die Antennenbuchse. Die Verbindung über die Antennenleitung
ist ja zumindest bei Videorekordern ohnehin notwendig, da diese selbstständig
empfangen und aufzeichnen müssen. Sie hat jedoch etliche Nachteile:
Schlechtere Qualität
Das Videosignal geht technisch einen Riesenumweg: es wird im Videorekorder
auf einen kleinen Sender gegeben, der meist im UHF-Bereich, Kanal 36, arbeitet.
Im Fernseher wird es dann wieder von UHF in ein Videosignal zurückgewandelt.
Da der kleine Sender im Videorekorder nicht nur leistungsmäßig,
sondern auch qualitativ einfach gehalten ist, leidet das Bild deutlich.
Außerdem ist die Abstimmung des Fernsehers auf den Sendekanal des
Videorekorders diffizil, zumal die Kleinsender im Videogerät nicht
quarzstabilisiert sind und damit bei Temperaturänderungen weglaufen.
Wird der Fernseher nicht nachgestimmt, treten so weitere Qualitätsverluste
auf.
Kanalknappheit
Für Videogeräte wird meist der Kanal 36 als Sendekanal vorgesehen,
da dieser von terrestrischen Sendern nicht belegt wird. Der Grund: auf
dieser Frequenz beobachten Radioteleskope eine bestimmte Spektrallinie
des Wasserstoffs im Weltraum, schon schwache terrestrische Sender würden
hier erheblich stören. Nun kann aber nur ein Videogerät Kanal
36 benutzen, für weitere ist er nicht mehr verfügbar. Problematisch
auch, wenn wie zum Beispiel in München Kanal 35 und Kanal 37 mit Fernsehsendern
belegt sind. Denn da die Minisender im Videorekorder nicht mit der aufwendigen
Restseitenbandfilterung eines richtigen Fernsehsenders ausgerüstet
sind, belegen sie de facto zwei Kanäle: ist der Videorekorder auf
Kanal 36 eingestellt, so blockiert er auch noch Kanal 37, was zu Störstreifen,
Farbmustern oder gar Farbausfall und Tonstörungen bei Empfang oder
Aufzeichnung dieses Senders führt. Meist sind die Minisender aber
von Kanal 32 bis 40 abstimmbar, sodaß sich zumindest für ein
Videogerät noch eine ausreichend große Lücke findet - es
ist ja auch die bei älteren Geräten meist geringere Kanaltrennung
zu beachten! Bei zwei oder drei Videogeräten ist aber auch in senderarmen
Gebieten kaum mehr ein freies Plätzchen zu finden. Manche Videogeräte,
zum Beispiel Camcorder, senden stattdessen im Fernsehband I (Kanal 2, 3
oder 4). Dort sind zwar mittlerweile kaum mehr terrestrische Fernsehsender
in Betrieb, dafür werden diese Frequenzen im Kabel eifrig genutzt.
Überspielen nur in einer Richtung
Hat man seine Anlage nun endlich beispielsweise nach Bild 1 zusammengestöpselt
und alle Minisender sowie den Fernseher justiert, so funktioniert das reine
Abspielen so leidlich, sofern man sich auch den richtigen Kanal für
das jeweilige Gerät gemerkt hat. Überspielungen von Gerät
zu Gerät sind dagegen schon tückischer, denn es kann nur von
im Signalweg vorne zu weiter hinten liegenden Geräten überspielt
werden: Vom Sat-Receiver kann zu Video 1 und Video 2 überspielt werden,
dagegen nur von Video 1 weiter zu Video 2, aber nicht umgekehrt.
Tonübertragung nur Mono
Völlig vergessen wird schließlich meist, daß die Minisender
in Videogeräten ausschließlich mono arbeiten. Der Grund: Die
Erzeugung eines normgerechten Stereosignals ist sehr aufwendig. Wer also
zu seinem Stereo-Fernseher einen Stereo-Videorekorder kauft, aber diesen
nur über die Antennenleitung anschließt, hätte sich das
Geld für die Stereoausrüstung sparen können!
Verbindung über AV-Anschlüsse
Eine qualitativ und praktisch akzeptable Verdrahtung ist nur über
AV-Anschlüsse möglich, die mit Video-Basisbandsignalen arbeiten.
Im Laufe der Jahre haben sich einige Steckverbindersysteme für Videosignale
herausgebildet. Am verbreitetsten sind in der Unterhaltungselektronik
- Cinch/BNC
- Hosiden(S-VHS)
- DIN-AV
- Scart(Euro-AV)
Cinch-Stecker finden sich oft an Camcordern, da sie klein und robust sind.
Nachteilig hierbei jedoch, daß für eine Verbindung mit Stereoton
bereits drei untereinander verwechselbare Stecker notwendig werden, an
einem Gerät mit Ein- und Ausgängen (Videorekorder, Pay-TV-Dekoder)
sogar deren sechs! Im Profibereich werden für das Videosignal statt
RCA-Cinch-Verbindungen BNC-Stecker verwendet. Der Verdrahtungsaufwand bleibt
jedoch derselbe.
Die Hosiden-Steckverbinder für S-VHS übertragen nur das Videosignal,
allerdings zur Qualitätssteigerung nach Helligkeits- und Farbinformation
getrennt. Der Verdrahtungsaufwand bleibt damit jedoch gleich, denn die
Audiokanäle sind getrennt zu verdrahten und es kann auch hier nur
in eine Richtung übertragen werden.
DIN-AV-Stecker können ähnlich wie im Audio-Bereich den Verdrahtungswirrwarr
reduzieren, indem sie alle Signale auf einen Stecker legen. Im Gegensatz
zur Audiotechnik arbeitet diese Verbindung jedoch nur in eine Richtung
entweder als Ein- oder Ausgang, was durch eine 12V-Schaltspannung bestimmt
wird. Gleichzeitige Benutzung in beide Richtungen, wie es beispielsweise
für Pay-TV-Dekoder notwendig ist, ist nicht möglich.
Scart-Norm - nur zur Verbindung zweier Geräte gedacht
Bei der Festlegung der Scart-Norm nach Bild 2 hat man deshalb gleich 20
Pins vorgesehen, um alle denkbaren Signale parallel übertragen zu
können. Neben den Video- und Audio-Kanälen sind hierbei auch
RGB-Anschlüsse und Datenleitungen für Heimcomputer sowie eine
Schaltspannung vorgesehen. Letztere vermeidet die typischen Bedienungsfehler
des Video-Normalverbrauchers (Fernseher an, Video an, aber Fernseher nicht
auf AV umgeschaltet), indem sie die Geräte automatisch um- bzw. sogar
einschaltet. Beim fortgeschrittenen Anwender kann dies aber wieder zu Verärgerung
führen, wenn ihm beim Einschalten des Videorekorders ungefragt das
laufende Fernsehprogramm weggeschaltet wird.
Da sich dieses Stecksystem inzwischen durchgesetzt hat, ist es sinnvoll,
hiermit eine Signalverteilung durchzuführen. Diese ist nun aber nicht
ganz so einfach, wie man glauben mag. Es werden auf dem Markt Scart-Verteiler
angeboten, die einfach alle Scart-Anschlüsse untereinander verbinden
und so den Anschluß von 2 bis 5 Geräten erlauben sollen. Doch
entspricht eine solche Parallelschaltung keineswegs der Scart-Norm: es
werden ja lediglich ohne Entkopplung alle Ein- und Ausgänge aufeinander
geschaltet. Die Folge ist, daß sich mehrere Videosignale miteinander
"prügeln", sobald mehr als ein Gerät eingeschaltet ist, was bei
manchen Geräten sogar zur Beschädigungen führen kann. Und
auch wenn man beachtet, immer nur ein Gerät einzuschalten, ist die
Rückwirkung durch die restlichen angeschlossenen Videogeräte
erheblich: der Videokanal ist fehlangepaßt mit erhöhten Kapazitäten
und einem Abschluß deutlich unter 75 *.646, was die Bildqualität
verschlechtert, und die Tonkanäle werden von den nicht eingeschalteten
Geräten unter Umständen stark bedämpft oder gar kurzgeschlossen.
Im Audiobereich wird beim Fehlen ausreichend vieler Anschlüsse
oft ein Mischpult verwendet. Dies ist auch hier die professionellste Lösung,
jedoch sind Videomischpulte deutlich teurer und nur für den ernsthaften
Videoamateur sinnvoll, der beispielsweise eigene Videoaufnahmen bearbeiten
möchte. Für den reinen Endgeräte-Anwender sind sie zu aufwendig.
Y-Kabel mit Ringschaltung
Eine mögliche Lösung ist eine Kettenschaltung nach Bild 3 unter
Verwendung von Y-Kabeln: Es wird jeweils der Ausgang eines Gerätes
mit dem Eingang des nächsten verbunden. Dieses gibt das Signal an
seinem Ausgang weiter an das nächste, und am Ende der Kette wird der
Fernseher angeschlossen. So ist jeder Ausgang nur mit jeweils einem Eingang
verbunden und das Videosignal wird nicht verzerrt. Allerdings müssen
alle Geräte eingeschaltet sein und das eingespeiste Videosignal weiterreichen.
Auch gibt es Geräte wie Camcorder und Sat-Receiver, bei denen die
Eingangsbuchsen mangels Funktion gar nicht beschaltet sind und die Kette
abreißt. Und schließlich läuft das Signal wie bei der
Verbindung über die Antennenanschlüsse nur in einer Richtung
- eine Überspielung von Video 2 zu Video 1 ist nicht möglich,
ebensowenig die Speisung des Pay-TV-Dekoders mit einem verschlüsselten
Kabelprogramm, das ja an den Scart-Ausgängen des Fernsehers ansteht.
Die Lösung dieses Problems ist zunächst ziemlich einfach:
der Kreis ist mit der gestrichelten Verbindung zu schließen. So kommt
das verschlüsselte Videosignal vom Fernseher zum Dekoder und das Signal
von Video 2 zu Video 1. Gibt wirklich jedes Gerät das Videosignal
weiter, so hat man nun allerdings auch eine satte Rückkopplung fabriziert.
In der Praxis muß der so entstandene Ring daher zumindest an einer
Stelle unterbrochen sein, andererseits muß das Signal an Geräten,
die keine oder unbeschaltete Eingänge haben, vorbeigeleitet werden,
wenn man sie nicht ständig bei Nichtbenutzung aus dem Ring entfernen
will. Außerdem ist die Herstellung und Handhabung eines solchen Rings
aus Scart-Y-Kabeln ziemlich unpraktisch.
Automatik-Umschaltbox
werden mit normalen 1:1 Scart-Kabeln an eine Elektronikeinheit geführt,
die mit entsprechend vielen Scart-Anschlüssen versehen ist. Die Ringschaltung
wird in dieser intern durchgeführt, wobei eine Umschaltlogik mit Abzweigverstärkern
dafür sorgt, daß das Signal bei inaktiven oder nicht angeschlossenen
Geräten nach Bild 4a in der Box weitergeführt wird und nur bei
Bedarf nach Bild 4b das angeschlossene Gerät in den Ring gehängt
wird. Dazu läßt sich bei Scart sehr gut die Schaltspannung auswerten,
die ja anzeigt, daß das betreffende Gerät ein Signal liefert.
Bei Camcordern oder anderen Geräten, die keine Schaltspannung liefern,
wird manuell umgeschaltet. Außerdem sorgt die Umschaltlogik dafür,
daß der Ring nie über alle Anschlüsse durchläuft und
vermeidet so die sonst entstehende Rückkopplung.
Eine solche Umschaltbox zeigt Bild 5, die für ca. 200 DM im Handel
ist. Es gibt auch Ausführungen, die für S-VHS ausgerüstet
sind. Im Praxistest ergab sich eine deutliche Verbesserung des Videosignals
gegenüber der vorherigen Verdrahtung und störungsfreie Umschaltung
zwischen den Geräten. Da Videorecorder die Scart-Schaltspannung normalerweise
nur im Wiedergabebetrieb liefern, entfällt auch das oft lästige
Durchschalten des Tuner-Signals beim Stoppen des Bandes - das Bild wird
einfach dunkel- und der Ton stummgeschaltet.
Sollte die ganze Mimik bei der eigenen Anlage zunächst nicht wie
gewünscht funktionieren, so ist daran meist die Eigenwilligkeit einiger
Geräteentwickler schuld. So muß zur Aufnahme über Scart
bei vielen Videorecordern erst noch ein unter der berühmten Klappe
verborgener Mini-Schalter umgelegt werden. Besonders heimtückisch
insofern, als man garantiert vergißt, ihn vor der nächsten Aufzeichnung
einer Fernsehsendung über Tuner zurückzusetzen und dann ein leeres
Band erhält. Bei Hifi-Stereo-Videorekordern wird auch gerne das Videosignal
korrekt über Scart, der Ton aber nur über die für die Hifi-Anlage
gedachten Cinch-Buchsen geleitet. Will man dann von einem anderen Videogerät
aufnehmen, muß man zuerst eine Querverbindung zwischen Scart- und
Cinch-Anschlüssen einfügen. Das Adapterbasteln bleibt einem insofern
auch mit dem Kauf einer Scart-Box nicht erspart.
(WDR)