Der PC funkt!

Das Funkgerät auf der Steckkarte

Modacom - die kommerzielle Variante

Modacom - der Datenfunkdienst der Telecom - ist zur Zeit in aller Munde. Er setzt den Datex-P-Dienst auf Funkebene fort. Apple hatte hierzu schon vor Jahresfrist versprochen, die Visionen des Herrn Jobs wahrzumachen und einen Laptop (Apple-Bezeichnung: "Power-Book") anzubieten, der einen eingebauten "Draht zur großen, weiten Welt" hat. Man sah denn auch schon Notebooks mit Stummelantenne, doch waren dies bisher reine Fotodummies. Nur die Ingenieure der Dr. Neuhaus-Partnerfirma Rostock Elektronik konnten diese Vision bisher bereits in Labormustern mit Toshiba-Laptops verwirklichen, wobei deren Diskettenlaufwerk dem Funkmodem weichen mußte.

Packet Radio - so machen es die Amateure

Im Hobbybereich ist Datenfunk mit paketorientierten Protokollen dagegen längst üblich: Die lizensierten Funkamateure beschäftigen sich seit Beginn der achtziger Jahre intensiv mit "Packet-Radio", allein in Deutschland beteiligen sich inzwischen 'zigtausend Funker an dieser Amateurfunk-Spielart. Das dort verwendete "AX.25"-Protokoll ist eine auf die Bedürfnisse des Amateurfunks angepaßte Version des im Datex-P-Netz üblichen X.25-Protokolls. Inzwischen wird AX.25 sogar für kommerzielle Produkte wie Funk- und Infrarot-LANs "mißbraucht".

Einstecken und vergessen?

Und was im Profibereich noch aussteht, gibt es bei den Funkamateuren auch schon: das Funkmodem in Form einer kurzen Steckkarte, die in einem PC-Slot versenkt wird. Man muß nur noch die zugehörige Kommunikationssoftware laden und eine Antenne anschließen. Das Schimpfwort "Steckdosenamateur" für Funkamateure, die alles Wissen aus ihrer technischen Prüfung wieder vergessen haben und gerade noch imstande sind, ein fertig gekauftes Gerät in die Steckdose zu stöpseln, wird hier womöglich in Kürze um die Variante "Steckkartenamateur" erweitert...

Es darf auch gelötet werden

Echte Funkamateure bauen sich ihr Gerät natürlich selbst, statt es fertig zu kaufen. Auch das ist hier möglich: die Steckkarte ist nicht nur als Fertiggerät für etwa 700 Mark, sondern auch als um 140 Mark preiswertere Bausatzversion oder als nackte Platine ohne Bauteile für nur 80 Mark lieferbar. Schwer erhältliche Bauteile können dann einzeln zugekauft werden, wozu einerseits GALs und EPROMs für das eigentliche Modem, andererseits das Funkmodul zählen. Letzteres wird fertig abgeglichen für die vom Benutzer gewünschte Frequenz ausgeliefert.

Darf es etwas schneller sein?

Die BayCom-USCC 9k6-Steckkarte ermöglicht 9600 Baud Übertragungsrate. Diese Baudraten sind in drahtgebundenen Systemen längst Standard, in Packet-Radio jedoch noch relativ neu. Der Grund ist, daß eine Funkstrecke anders reagiert als eine Drahtleitung - die Verwendung eines üblichen Telefon-Highspeed-Modems ist hier nicht möglich, da es die Störungen einer Funkstrecke (Empfangsschwund, Interferenzen und Mehrwegeausbreitung mit Phasenverschiebungen) nicht ausgleichen kann. Telefon-High-Speed-Modems stellen sich auf die Leitungsqualität und ihren Gegenpart ein. Das ist im Funk nicht möglich, da sich die Qualität der Übertragungsstecke ständig ändert. Außerdem wird die Verbindung nicht nur zu einem bestimmten festen Partner benötigt, vielmehr sind alle auf der betreffenden Funkfrequenz von den verschiedenen Stationen ausgesendeten Signale zu empfangen und auszuwerten. Daher war einige technische Tüftelei notwendig, um diese Baudrate in einem normalen Funkkanal unterzubringen. Die Folge ist, daß normale Funkgeräte für Sprechfunk nicht ohne Umbauten für 9600 Baud-Datenfunk verwendet werden können. Oft steht nicht einmal fest, ob sich ein Gerät überhaupt umbauen läßt - die modernen PLL-Synthesizer-Funkgeräte machen hier Probleme, weil im Datenfunk auch Frequenzen unter 300 Hz übertragen werden müssen, diese aber von der PLL-Regelschleife verschluckt werden. Auch verursachen die für Sprachübertragung optimierten NF-Zweige in normalen Funkgeräten Phasenverschiebungen und unlineare Frequenzgänge. Deshalb enthält die BayCom-Karte ein spezielles Funkmodul, das als Festfrequenz-Sendeempfänger mit Quarzsteuerung ohne Synthesizer auskommt. Es liefert zwei Watt Sendeleistung, was für nahegelegene Packet-Radio-Netzknoten ausreichend ist. Weiter entfernte Umsetzer sollte man mit der hohen Baudrate ohnehin nicht verwenden, da die Störanfälligkeit doch höher ist als bei langsameren Baudraten.

Oder doch lieber einfach und gemütlich?

Jene langsameren Baudraten sind zur Zeit allerdings noch wesentlich gebräuchlicher - 1200 Baud auf UKW und 300 Baud auf der Kurzwelle. Hier ist der technische Aufwand geringer - ein einfaches Telefonmodem nach Bell 202 und ein normales FM-Sprechfunkgerät sind für UKW-Betrieb bereits ausreichend. Die eigentliche Paketverarbeitung übernimmt auch hier die BayCom-Software, die man sich als Shareware zunächst kopieren oder gleich mit Handbuch beim Entwicklerteam besorgen kann. Das Modem arbeitet mit einem hochintegrierten IC und kann ab 40 DM Bauteilekosten realisiert werden. Wir stallen hierzu in einer der nächsten Funkschau-Ausgaben eine detaillierte Bauanleitung vor. Besonders reizvoll, aber auch etwas teurer ist die miniaturisierte Variante nach Bild 2, bei der sich durch die Verwendung von SMD-Bauteilen das gesamte Modem in einem 9- oder 25-poligen D-Sub-Stecker integrieren läßt. Auch dieses Modem kann man mit einem etwas kleineren Lötkolben durchaus selber bauen, wozu auch Komplettbausätze verfügbar sind. Ein besonderes Vergnügen ist das Löten von SMD-Chips allerdings nicht, und wenn es nicht gleich funktioniert, sind Fehlersuche oder Reparatur sehr nervig. Insofern sollte man sich hier lieber das Fertiggerät gönnen. Das SMD-Modem ist der Hit für Laptop-Besitzer auf Reisen - selbst aus der entlegensten Berghütte können sie mit einem Handfunkgerät ins Packet-Radio-Netz einsteigen. Nur auf die höhere Geschwindigkeit muß man hier verzichten.

Oder am besten gleich beides...

Hat man bereits die BayCom-9k6-Karte, so kann man dieses Modem gleich dort anstecken, andernfalls genügt eine serielle Schnittstelle. Diese wird dabei sehr trickreich programmiert, um das synchrone Paketprotokoll zu ermöglichen, da die Bausteine im PC normalerweise auf asynchrone RS232-Übertragung festgelegt sind. Das in der BayCom-Karte integrierte Funkgerät ist für 1200 Baud-Betrieb nicht verwendbar, da es auf seine Frequenz festgelegt ist und auf den für 9600 Baud-Übertragungen vorgesehenen Kanälen die langsameren Geschwindigkeiten nichts verloren haben. Dafür kann am externen Funkgerät nun jede beliebige Frequenz gewählt werden, womit man unter mehreren Netzknoten wählen oder sich mit einem Funkfreund auf eine eigene Frequenz zurückziehen kann. Der 9600-Baud-Kanal der Steckkarte bleibt dabei weiterhin gleichzeitig auf Empfang.

Nun laßt uns endlich Bits sehen!

Im Praxistest erwies sich die Installation von Karte und Software als unkompliziert. Der Benutzer muß lediglich mit einem ASCII-Editor einige Voreinstellungen in der mitgelieferten Parameterdatei an seine persönlichen Verhältnisse anpassen, wozu auch das eigene, von der Post zugeteilte Rufzeichen gehört. Die Steckkarte ist wegen des Funkmoduls ähnlich den früher recht beliebten "Hardcards" (Steckkarte mit integrierter Festplatte) allerdings etwas dick geraten und ragt in den Nachbarsteckplatz. Auf die berühmte Stummelantenne am Computer sollte man übrigens verzichten und lieber eine richtige Antenne anschließen. Andernfalls kommen sich Hochfrequenz und Computer doch etwas ins Gehege, da beispielsweise bei einem irgendwo unter dem Tisch stehenden PC-Tower die von diesem selbsterzeugten Störungen dem dort ohnehin schwachen Empfang leicht vollends den Garaus machen. Umgekehrt reagiert auch so manche Grafikkarte auf die Hochfrequenz-Einstrahlung mit nervösen Zuckungen. Und genau aus diesen Gründen sind auch die neuesten Notebooks noch nicht mit jenen fotogenen Stummelantennchen ausgerüstet. Wenn man aber bedenkt, daß an den BayCom-Geräten nur einige Hobbyentwickler gearbeitet haben, so können sich die Hersteller von Modacom-Modems hier noch ein Scheibchen abschneiden. "Abkupfern" ist allerdings nicht erlaubt: Da es hier bereits unangenehme Vorfälle gab, die den BayCom-Entwicklern den Spaß an der Weiterentwicklung zeitweise schwer vermiest haben, sind sie in diesem Punkt empfindlich geworden und erlauben den Nachbau von BayCom-Karte und -Modem und die Verwendung der mitgelieferten Software ausdrücklich nur für Hobbyzwecke.

(WDR)