VHS-Videorecorder mit Hifi-Stereo

Der gute Ton gehört dazu

Einfache Videorecorder sind schon unter 400 Mark zu haben. Allerdings fehlen diesen einige Funktionen, die sich als sehr sinnvoll erweisen können. Auf welche Features sollte man beim Kauf achten? Die Funkschau schafft Durchblick im Video-Dschungel.

Die alte Glotze hat den Geist aufgegeben - ein Neuer muß her. Stolz hat man sich einen riesigen Stereo-Breitbild-Farbfernseher zugelegt. Nun ist die Kasse fast leer, aber ein Videorecorder sollte auch noch drin sein, damit man nun Indiana Jones fast wie im richtigen Kino genießen kann. Doch was gibt es da alles: Jog-Shuttle, Vier, Fünf- oder Sieben-Kopf-Laufwerke, Schnellstart, One-Touch-Recording, Longplay, VPS, HQ, Show-View...

Super-VHS, kurz S-VHS ist zwar das Optimum, benötigt aber spezielle, teurere Bänder, ist auf normalen VHS-Recodern nicht abspielbar und nicht unter 1500 Mark zu erhalten. S-VHS-Recorder sind sinnvoll, wenn von einer Masterkassette (beispielsweise einem selbstgedrehten und anschließend geschnittenen Video) Kopien in guter Qualität gezogen werden sollen. Für normale Fernsehaufzeichnung und Videowiedergabe tut es auch ein gewöhnliches VHS-Gerät.

Nun ersteht man schließlich einen Recorder, der alle diese tollen Dinge enthält. Doch welche Enttäuschung: Indiana Jones zischt nicht mit Dolby-Surround von rechts nach links durch den Raum, sondern ertönt nur verknarzt aus der Mitte. Tja - Hifi-Stereo - das hatte das Traumgerät leider nicht, obwohl es für jeden, dem der Fernsehton nicht völlig egal ist, das wichtigste Feature eines Videorecorders ist - wichtiger als manch andere werbewirksame und teure Funktion. Die ursprünglich vielgepriesene Möglichkeit, auf diese Art Musik abzuspeichern, ist dagegen - trotz der gegenüber Tonbandgeräten und Kassettenrecordern geringeren Bandkosten - normalerweise uninteressant: Die Startzeiten des Videobands sind selbst bei Schnellstartgeräten im Vergleich zu anderen Tonträgern zu hoch und das Suchen bestimmter Tonstellen viel zu umständlich - Mithören beim Vorspulen geht nicht, beim Bildsuchlauf wird stets stummgeschaltet. Sollen mehrere Stunden Musik am Stück aufgezeichnet werden (mit Longplay bis zu zehn Stunden), beispielsweise für Hintergrundbeschallung oder Archivzwecke, so ist ein VHS-Hifi-Stereo-Recorder jedoch auch hierfür durchaus sinnvoll einzusetzen.

Die Transportgeschwindigkeit des VHS-Bands in der Kassette ist ziemlich gering, denn das hält den Bandverbrauch niedrig. Für die wie im Kassettenrecorder oder beim Schmalfilm angeordnete Längstonspur ist dies aber weniger gut; die Tonqualität von VHS läßt doch ziemlich zu wünschen übrig. Auch fehlt der für Stereo, Dolby-Surround oder gar THX notwendige zweite Kanal. Daher wurde das Hifi-Stereo-Verfahren für VHS entwickelt. Hifi deshalb, weil man die Tonspur hier - frequenzmoduliert wie beim UKW-Rundfunk - mit unter die Bildspur plaziert, sodaß sie auch mit deren hoher Relativgeschwindigkeit aufgenommen wird und damit Frequenzgang und Rauschabstand die hohen Werte der Hifi-Norm erreichen. Verschiedene Neigungswinkel und Magnetköpfe für Bild und Ton sollen dafür sorgen, daß sich die beiden dabei nicht gegenseitig in die Quere kommen. Und da man bei dieser Gelegenheit auch gleich den zweiten Kanal vorgesehen hat, ist von Hifi-Stereo die Rede. Hifi-Videorecorder ohne Stereo gibt es nicht, dagegen gab es eine Zeit lang Stereo-Geräte ohne Hifi - hier hatte man nur die vorhandene Längsspur geteilt, was die Tonqualität allerdings nicht gerade verbessert.

Zur Nachvertonung wird die geteilte Stereo-Längsspur auch heute noch benutzt, da der Ton auf der Hifi-Spur nur gemeinsam mit dem Bild aufgezeichnet werden kann - eine spätere Aufzeichnung würde das gespeicherte Bild anlöschen! Wer jedoch keine eigenen Videoaufnahmen nachvertont, benötigt als Besitzer eines Hifi-Stereo-Geräts die Längsspur nicht mehr. Aus Kompatibilitätsgründen ist sie jedoch stets vorhanden, da andernfalls Hifi-Stereo-Aufnahmen auf normalen VHS-Recordern stumm blieben und umgekehrt.

Daneben unterscheiden sich VHS-Recorder noch durch einige Bildverbesserungssysteme und den Bedienungskomfort erhöhende Funktionen wie Schnellstart, Videotextprogrammierung oder Echtzeitanzeige. Unser kleines VHS-Lexikon erklärt Ihnen dabei die wichtigsten Begriffe.

Nicht vergessen sollte man bei allem High-Tech auch so banale Dinge wie die Abmessungen und die Laufruhe des Videorecorders. Im Gegensatz zur Hifi-Technik, bei der Mini- und Midi-Anlagen sehr beliebt sind, haben viele Recorder eine Einbautiefe, die die meisten Schrankwände sprengt und mit 70cm-Fernsehern mithalten kann. Und was nützt der schönste Hifi-Ton, wenn er durch penetrantes Laufwerks-Gesurre übertönt wird? (WDR)

Preiswert oder nur billig?

Was ist nun der qualitative Unterschied zwischen Billig-Geräten und teureren Modellen? Bei einer Preispalette von 600 bis 1800 Mark für Hifi-Stereo fragt sich der Käufer zu Recht, was gegen das billige Modell spricht.

Nun, im Prinzip nichts. Oft handelt es sich einfach um Auslaufmodelle, die völlig einwandfrei sind. Allerdings kann die Tücke bei Videorecordern so im Detail liegen, daß man die größten Ärgernisse erst Monate nach dem Kauf entdeckt. Bei einem vor zwei Jahren für 700 Mark sehr günstig erworbenen Modell fanden sich beispielsweise nach und nach folgende "Produkteigentümlichkeiten":

Von den Unsauberkeiten bei der Tonspur abgesehen, sind dies alles keine Qualitätsmängel oder ein Fehlen zugesicherter Eigenschaften, die eine Reklamation möglich machen würden. Doch macht die Masse solcher kleinen Macken das Gerät zum echten "Montagsprodukt", das zwar seinen Zweck erfüllt, aber keine Freude macht. Ein ausgiebiger Test oder zumindest ein intensives Studium der Gebrauchsanleitung vor dem Kauf ist also anzuraten. Leider wird dies gerade bei Super-Schnäppchen oft nicht möglich sein.

Videorecorder oder Computer... - welche Knöpfe brauchen Sie wirklich?

Kleines VHS-Lexikon

Tracking-Regler Justiert die Spurlage, was beim Abspielen von Fremdkassetten notwenig ist, um Bild- und Tonstörungen zu vermeiden. Leider meist unter einer Klappe am Gerät versteckt.

One-Touch-Recording OTR Einmaliges Drücken startet die Aufzeichnung auf dem aktuell eingestellten Kanal, wobei jedes weitere Drücken die Aufzeichnungsdauer beispielsweise um eine halbe Stunde verlängert. Um die nächsten 1 1/2 Stunden aufzuzeichnen, muß also nur 4x OTR gedrückt werden. OTR-Taste erleichtert spontane Aufzeichnungen deutlich, macht aber nur Sinn, wenn sie auch gut erreichbar ist. Fehlbedienungsgefahr: Der Videorecorder ist nicht auf dem momentan betrachteten TV-Kanal, OTR zeichnet daher ein ganz anderes Programm auf.

Schnellstart Standard-VHS-Laufwerke brauchen vom Auslösen des Aufnahme- oder Wiedergabe-Befehls bis zu dessen Realisierung etliche Sekunden, da erst das Band eingefädelt werden muß. Kann sehr lästig werden, wenn beispielsweise Videoaufnahmen geschnitten werden sollen. Schnellstart-Laufwerke sind in diesem Fall von Vorteil.

X Köpfe Zur normalen VHS-Wiedergabe reichen zwei Videoköpfe. Doch beim schnellen Vor- oder Rücklauf paßt deren Spurlage nicht mehr mit der nun schnelleren Bandbewegung zusammen. Die Folge: Störstreifen. Um dies zu vermeiden, passen intelligentere Aufzeichnungsverfahren wie das inzwischen ausgestorbene Video 2000 die Neigung der Videoköpfe an. Bei VHS werden stattdessen einfach mehr Köpfe auf die Trommel montiert, womit sich die Störstreifen auch vermindern lassen. Einziger Nachteil: Eine neue Kopftrommel infolge Verschleißes kostet auch mehr. Üblich sind zwei, drei oder vier Videoköpfe, zwei Hifi-Tonköpfe und bei teureren Geräten noch für saubere Insert-Schnitte ein rotierender Löschkopf. Diese Köpfe werden dann werbewirksam addiert, woraus sich Bezeichnungen wie "7-Head" ergeben. Die feststehenden Lösch- und Tonköpfe für die Längsspur werden dagegen nicht mitgezählt.

Jog-Shuttle In der Profitechnik ein Drehrad, mit dem man für Schnitte das Band auf ein Halbbild (Frame) genau an die gewünschte Stelle fahren kann. Jede Umdrehung entspricht dabei einer bestimmten Anzahl Halbbilder. Für Heimvideorecorder wird diese Funktion vereinfacht insoweit nachgebildet, daß das Rad in Mittelstellung eine Standbildfunktion ("Pause") schaltet und beim Drehen nach rechts oder links einen entsprechend schnellen Vor- oder Rücklauf auslöst. Dies ist zum Suchen bestimmter Stellen auf dem Band komfortabler als einfache Vor- und Rücklauf-Tasten, soll aber auch nicht überbewertet werden.

Zweikanalton Im Gegensatz zu Stereo-Aussendungen sind hier auf den beiden Tonunterträgern zwei völlig verschiedene Programme, typischerweise zwei verschiedene Sprachen. Eine saubere Kanaltrennung im Videorecorder ist daher wichtig, um Ärger zu vermeiden. Hifi-Stereo-Geräte nehmen beide Tonspuren auf, sodaß man sich auch erst bei der Wiedergabe überlegen kann, welche Version man hören möchte.

Assemble-Schnitt Möglichkeit, zwei Szenen aneinander zu schneiden (engl. to assemble), ohne daß Störungen (Bildsprung, Rauschen) entstehen. Dazu synchronisiert der Recorder beim Start einer Aufnahme auf einem bereits bespielten Bandteil kurz mit der vorhandenen Aufzeichnung, schaltet also unbemerkt kurz auf Wiedergabe, um die Lage der Halbbilder auf dem Band festzustellen. Ist inzwischen Standard bei Videorecordern.

Insert-Schnitt Möglichkeit, auch mitten in ein bereits bespieltes Band (engl. to insert) eine Szene hineinzuschneiden, ohne daß vor und vor allem nach der eingefügten Szene Bildstörungen entstehen. Verlangt nach einem rotierenden Löschkopf, damit das Band punktgenau an denselben Stellen gelöscht wird, wo auch die neue Aufnahme beginnt. Die gängigere Technik mit feststehendem Löschkopf löscht dagegen zwangsweise ein paar Zentimeter Band mehr, was nach dem Ende der hineingeschnittenen Szene für einige Sekunden zu deutlichen Bildstörungen führt, wenn das Bild nach dem angelöschten Bandteil langsam wieder auftaucht.

S-VHS VHS-System mit erhöhten Aufzeichnungsfrequenzen. Bringt bessere Bildqualität, ist allerdings nicht kompatibel zu Normal-VHS und benötigt auch anderes Bandmaterial. S-VHS-Geräte schließen sich preislich an das obere Ende der Hifi-Stereo-Geräte an und bieten im allgemeinen auch alle bei diesen üblichen Funktionen.

Longplay Aufzeichnung bei halber Bandgeschwindigkeit. Somit halbieren sich die Bandkosten, aber die Bildqualität läßt deutlich nach. Ist nur sinnvoll, wenn unbedingt eine lange Aufzeichnungsdauer am Stück benötigt wird, beispielsweise im Urlaub, oder als reine Hifi-Tonaufzeichnung, da hier keine Qualitätseinbuße auftritt.

HQ High Quality - Bildverbesserungssystem, das inzwischen zum Standard besserer VHS-Recorder gehört.

TriLogic Bildverbesserungssystem von Sony, mißt Recorder auf verwendete Kassette und Alterung der Videoköpfe ein.

IHQ, Super-IHQ Bildverbesserungssysteme von Akai, die als Weiterentwicklung von HQ den Recorder auf die verwendete Kassette einmessen. Bei Super-IHQ werden dabei auch die Tonspuren berücksichtigt und der beim Kopieren auftretende Farbversatz minimiert.

SQ Bildverbesserungssystem von JVC.

ASO plus Bildverbesserungssystem von Nokia.

VPT, TOP-VPT Programmierung des Videorecorders über Videotext.

Turbo-Drive Schnellstartlaufwerk von Philips mit kurzen Umspulzeiten.

Auto-Tracking, Digital tracking, Studio-Tracking Systeme, die die Spurlage ("tracking") bei Fremdkassetten automatisch einstellen und so eine häufige Fehlerquelle eliminieren.

High-Speed-Drive Schnellstartlaufwerk von Grundig.

Echtzeitanzeige Statt Zählwerknummern werden Bandminuten angezeigt. Um die verwendete Bandlänge zu erkennen, wird beim Einlegen einer neuen Kassette kurz umgespult. Oft verbunden mit Restzeitanzeige, sehr angenehm bei der Frage, ob auf einer bereits teilweise bespielten Kassette noch genügend Platz für eine weitere Aufzeichnung ist.

Pro-Drum Toshiba-System: Vorverstärker befindet sich mit auf der rotierenden Kopftrommel, was den Rauschabstand verbessert.

Show-View System vom Gemstar, das mit Eingabe von Zahlenkolonnen ähnlich Telefonnummern die Programmierung eines Videorecorders vereinfachen soll.

VPS Video-Programmier-System, wertet vom Sender ausgestrahlte Kennungen aus, um bei Verspätungen im Programmablauf nicht die falsche Sendung aufzuzeichnen. Funktioniert aber nur bei minutengenauer Eingabe der geplanten Sendezeiten.

(WDR)