Vom Statussymbol zum Konsumartikel - Funktelefone für jeden

Vor einigen Jahren bewunderte man sie noch in den amerikanischen Fernsehserien: die schnurlosen Telefone, mit denen er (in der Sauna) mit ihr (am Swimmingpool) lässige Belanglosigkeiten austauschen konnte. Inzwischen sind sie in jedem Kaufhaus für ein paar Hunderter zu haben - nur der Swimmingpool wird leider nicht mitgeliefert!

Wesentlich länger gibt es schon die Autotelefone - bisher auch eine weite Spielwiese für Angeber. Fehlte es an der ausreichenden Finanzkraft, so montierte man sich halt einfach einen Telefonhörer aufs Armaturenbrett. Die Industrie erkannte den Markt und brachte auch CB-Funkgeräte im Autotelefonoutfit heraus. Wirklich Aufsehen erregen konnte nur noch der Witzbold, der sich mit einem Wecker und einem Telefon in die Straßenbahn setzte und dann so tat, als ob ihm die eifersüchtige Ehefrau selbst dorthin hinterhertelefonierte...

Mit den neuen D-Netzen ist das Telefonieren nun wirklich fast überall möglich. Nur in der Straßenbahn geht es immer noch nicht, weil die meisten Geräte zu leise sind, und im Keller ist der Empfang zu schwach. In den ersten Monaten des Jahres sah man denn auch prompt die Yuppies mit ihren neuerworbenen Handy-Telefonen in den Biergärten sitzen und heftigst telefonieren. Inzwischen hat der Reiz des Neuen nachgelassen und sie unterhalten sich wieder funklos mit ihren Tischnachbarn.

Der Preis der D-Netz-Geräte sinkt bereits auf das Niveau der "Schnurlosen": die 1000-Mark-Grenze ist längst unterschritten. Dabei handelt es sich bislang aber fast immer um Geräte "mit Karte". Das heißt allerdings nicht, daß diese wirklich im Preis inbegriffen ist, oft kommen noch Freischaltegebühren hinzu. Es heißt aber ganz klar: Dieses Gerät gibt es zu diesem Preis nicht ohne Karte, sprich: ohne Serviceprovider-Vertrag. Und der bezuschußt das Geschäft - das Telefon wird teilweise sogar unter dem Einkaufspreis weitergegeben. In England ist es bereits üblich, daß es das passende Telefon als Leihgerät zum Jahresvertrag gratis dazugibt. Und da zeigt sich denn auch, wo das eigentliche Geschäft liegt: bei den Anschluß- und Gesprächsgebühren! Diese sind bislang relativ stabil und für einen echten Massenmarkt noch zu hoch, eine Reduzierung ist erst zu erwarten, wenn die Investitionen in die neuen Netze wieder zurückgeflossen sind, oder aber, wenn das neue E-Netz den Wettbewerb wieder entfacht. Solange herrscht erst einmal Waffenstillstand zwischen den Konkurrenten D1 Telekom und D2 Mannesmann. Doch für eine kurze Verabredung reicht im allgemeinen eine Minute - und für den kleinen Angeber, der unbedingt stundenlang im Biergarten mit seinem Handy wedeln will, reicht es ja, einfach den Druck auf die Wähltaste zu "vergessen" - so kann er das "Gespräch" wenigstens voll nach seinen persönlichen Wünschen gestalten...

Selbst wer sich mit seinem D-Netz-Handy nur anrufen läßt, zahlt im Jahr fast 900 Mark Anschlußgebühren. Telefoniert er auch nur zwei Minuten täglich auf eigene Kosten, so kommt leicht noch einmal dieselbe Summe zusammen, denn im Gegensatz zum Festnetz gilt der Billigtarif nicht schon kurz nach Feierabend, sondern erst nach den Abendnachrichten. Wer nicht gerade bei Vollmond mit seinem Telefon Gassi geht, wird den Billigtarif also nur am Wochenende ausnutzen können. Dann hält sich der "Funkzuschlag" bei Ferngesprächen sogar in Grenzen - allerdings kostet das Gespräch um den Häuserblock immer noch genausoviel wie das von München nach Hamburg. Der Privatverbraucher wartet wohl vergeblich auf einen "Ortstarif", da der Aufwand für ein D-Netz-Gespräch nicht besonders von der überbrückten Entfernung abhängt. Auch wäre die Abrechnung schwierig - wer vom D-Netz ins Festnetz telefoniert, kann noch abschätzen, ob er eine nähere oder weitere Verbindung eingeht. Doch woher soll derjenige, der eine D-Netz-Nummer wählt, wissen, ob sich der gewünschte Gesprächspartner gerade in Garmisch oder aber in Flensburg aufhält? Die Überraschung käme dann erst mit der Telefonrechnung!

Eher schon ist man geneigt, D-Netz-interne Gespräche zu rabattieren. Diese leiden bisher wegen der doppelten Laufzeit unter dem "Satelliteneffekt" - man fällt sich leicht infolge der akustischen Verzögerung gegenseitig ins Wort. Doch wäre es bei entsprechender Auslegung des Netzes möglich, die Signale ohne Umcodierung von GSM auf ISDN und retour direkt durchzuleiten, womit Rechenleistung und Zeit gespart würde. Insbesondere der D2 Privat-Netzbetreiber Mannesmann könnte sich mit D-Netz-internen Verbindungen die teuren Einkopplungen ins Festnetz sparen und die Gespräche über eigene Verbindungen abwickeln...

(WDR)